Wird es gut, weil es lange dauerte?
Am 17. März 2020 erschien hier das Essay „Keine Eile!“ zu einer Brandstiftung vom September 2013. Der Aufmacher zum Essay: Das gemeinsame Plakat der Staatsanwaltschaft Erfurt und des Landeskriminalamtes Thüringen „Brandanschlag auf Polizeifahrzeuge in Erfurt“. Die Staatsanwaltschaft Erfurt lobte in diesem Mithilfeersuchen 20.000 € für sachdienliche Hinweise aus, welche zur Überführung des Täters führen.
Im März 2020 lag die Aufklärungsmeldung des LKA zu dieser Brandstiftung bereits 1 ½ Jahre zurück!
Es mussten weitere 1 ½ Jahre vergehen, bis es zu einer Anklage kam. Am Landgericht Erfurt hat es scheinbar nicht gelegen. Oberstaatsanwalt Kästner-Hengst von der Staatsanwaltschaft Erfurt konnte dazu nicht befragt werden, er ließ sich durch Staatsanwältin Heike Zawadil vertreten, war wohl selbst im Urlaub.
Die 2. Strafkammer des Landgerichts Erfurt unter den Vorsitzenden Richter Detlef Hampel tagte endlich am 07. September 2022 das erste Mal in dieser Sache. Neun (!) Jahre nach der Tat, vier Jahre nach der Aufklärung durch das Landeskriminalamt!
Die Öffentlichkeit war – auch durch den Fahndungsaufruf von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt – umfangreich, aber auch, wie im Essay beschrieben, verwirrend informiert. Das Schlüsselwort fast aller Meldung war „Brandanschlag“. In der Anklage war von einem Brandanschlag nicht mehr die Rede. Angeklagt wurde wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung gemäß Paragraf 306 Absatz 1 Nr. 4 Strafgesetzbuch der 32jährige John K., er wurde aus der Strafhaft vorgeführt, welche er wegen schwerer Brandstiftung in der Justizvollzugsanstalt Tonna absitzt. Die Brandstiftung von 2013 soll er mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter begangen haben, wie die Staatsanwältin in ihrer sehr kurzen Anklage formulierte. Sie sollen am 29. September 2013 – also vor neun Jahren – gegen 01:05 Uhr das Freigelände des Erfurter Autohauses in der Hermsdorfer Straße betreten haben und mithilfe von Grillanzündern 15 Polizeifahrzeuge vom Typ VW T 5 und 2 weitere VW-Fahrzeuge vom Typ Crafter, welche zur Auslieferung an die Thüringer Polizei bereitstanden, in Brand gesetzt haben. Dabei sollen sie den Grillanzünder jeweils auf ein Vorder- und Hinterrad bzw. in den Frontkühlergrill gelegt und angezündet haben. Dadurch sei ein Gesamtschaden von 750.000 € entstanden.
Der Vorsitzende teilte mit, dass es keine Verfahrensabsprache gab, und wandte sich an den Angeklagten: „Wie alt waren Sie vor neun Jahren?“ – „Gerade 21 vollendet.“
Der Verteidiger des John K., Herr Rechtsanwalt Ingo Henkel, erklärte, dass sein Mandant die Vorwürfe der Anklage bestätigt, aber ohne politischen Hintergrund gehandelt hatte, er wollte eine mit anwesende (?) weibliche Person beeindrucken. „Feuer und Flamme für eine Flamme, kann man sagen“, so Henkel, „Es war sozusagen ein Feuerwerk der Liebe. Er war damals in eine junge Dame verliebt, und es war das Signal, wie er der Dame mitteilen wollte, dass er sie liebt.“ Weitere wolle sich der Angeklagte nicht äußern. Mit fast den gleichen Worten äußerte sich der Verteidiger übrigens in einer Verhandlungspause in einem Interview des mdr-Fernsehens.
Der Vorsitzende gab einen kurzen Abriss zur Person des Angeklagten: Er habe einen Bruder und eine Schwester, sei teilweise im Elternhaus aufgewachsen, teils im Heim, die Eltern lebten getrennt seit seinem Kleinkindalter. Er war fünf Jahr im Heim in Stadtilm, Grund sei häusliche Gewalt gewesen. Der Lebensgefährte der Mutter war Alkoholiker und hat ihn immer wieder geschlagen. Er besuchte die Schule bis zur 10. Klasse, anschließend begann er eine Ausbildung für Holzverarbeitung bei der Berufsförderung, die er erfolgreich abschloss. Zwischendurch sei er obdachlos geworden, weil er sich mit der Mutter zerstritten hatte, die ihn rauswarf. Sein Opa hat ihm dann eine eigene Wohnung besorgt. Nach der Ausbildung hatte er zwei kürzere Beschäftigungen und wurde dann, 2013/2014, arbeitslos und empfing ALG I.
Der Vorsitzende wandte sich wieder an den Angeklagten: „Können Sie Ihr Leben beschreiben, wie Sie es 2013 gelebt haben?“
Der Angeklagte: „Hab in den Tag hineingelebt, habe Bewerbungen geschrieben. Bis 2014 mein Opa gestorben war, da bin ich abgerutscht.“
Der Vorsitzende: „Waren Sie in der Freiwilligen Feuerwehr?“
John K.: „Ja, in Erfurt Melchendorf. Bin Anfang 2019 ausgeschieden. Hab es gern gemacht.“
Richter Hampel: „Warum sind Sie ausgeschieden?“ – „Private Gründe – weil man mich rausgeschmissen hat.“
Der Angeklagte erklärte auf Befragen weiter, das er zeitweise unter gesetzlicher Betreuung stand, welche er selbst beantragt hatte, kein Vermögen besitze und sich durch diverse Schadenersatzforderungen über 560.000 € Schulden anhäuften, denn er war bereits zweimal wegen Brandstiftungen verurteilt und daher stammten auch die Schulden. Die letzte Verurteilung von 28.03.2016 durch das Landgericht Erfurt betraf das Inbrandsetzen von drei Mülltonnen und eines Lastkraftwagens, in welchen der Fahrer übernachtete und in letzter Minute gerettet werden konnte.
Weiter, so der Vorsitzende Richter zur Person des Angeklagten, hat er in der Förderschule Erfurt einen qualifizierten Hauptschulabschluss erreicht, stand seit 2012 unter psychologischer Betreuung. Er soll mal ein Punk, später jedoch Mitglied der NPD gewesen sein.
Auf Nachfrage der beisitzenden Richterin, ob er in der Haft eine Sozialtherapie mache, antwortete der Angeklagte: „Ich arbeite in der Therapie meine Straftaten auf, habe eine Therapiesitzung pro Woche.“
Die neben der Staatsanwältin sitzende Gutachterin, Frau Dr. Iris Maurer, hatte ein paar Nachfragen, u.a. zu Medikamenten, welche der Angeklagte einnehme.
Das Gericht ordnet an, in einer 40-minütigen Pause 10 Briefe des Zeugen Thomas T. (Name geändert) im Selbstleseverfahren zur Kenntnis zu nehmen. Der erste Brief des Zeugen an die Polizei stammte vom 19.12.2017.
Anschließend wurde dieser 32jährige Zeuge gehört. Er war im September 2017 in der Justizvollzugsanstalt Tonna inhaftiert und auf dem gleichen Gang wie der Angeklagte untergebracht. John K. sagte ihm nach einer Weile, dass er die Polizeifahrzeuge angebrannt hatte. Im Vollzug war den Mitgefangenen bekannt, dass K. wegen mehrfachen Brandstiftungen einsaß, er hatte den Spitznamen „Pyro“ (!).
Als dem Zeugen dann nach mehreren Gesprächen klar war, dass der John K. für die Brandstiftungen an den Polizeifahrzeugen verantwortlich war, hatte er einen Brief an die Polizei geschrieben. Zuvor habe er sich viele Gedanken gemacht, so schilderte der Zeuge, wie er handeln sollte. Zum einen war es eine sehr schwere Straftat, die der K. ihm erzählte, zum anderen sagte er: „Sie können sich ja vorstellen, was passiert, wenn jemand einen anderen bei der Polizei meldet…“
Es hat sich dann ein Kriminalbeamter D. bei ihm gemeldet, und dem hat der Zeuge dann mitgeteilt, was der Angeklagte ihm in der Haft zu der Brandstiftung erzählte. Die detaillierten Schilderungen betrafen insbesondere die Tatbegehung. So habe der K. bei der Brandlegung Einweg-Handschuhe getragen, die er in der Verpackung eines Überraschungseies mitbrachte. Er gab an, das Feuer mittels mitgebrachten Grillanzünders gelegt zu haben, die er zum Teil auf die Kühlergrill-Lamellen, zum Teil auf die Reifen legte. Der Angeklagte hatte ihm auch gesagt, dass er nach der Brandstiftung in die Kammwegklause gegangen sein, das ist am Erfurter Herrenberg ein rechter Treffpunkt gewesen. Er habe dann viele Feuerwehrfahrzeuge gesehen und sei am nächsten Tag mit dem Fahrrad am Tatort vorbeigefahren, habe auch den Kriminalbeamten D. dort gesehen.
Der Vorsitzende fragte nach: „Wie war der Gesamtzusammenhang bei den Gesprächen?“ – „Beim ersten Mal war er euphorisch, wurde quasi ein Zentimeter größer. Bei den anderen Gesprächen war er verschlossener, nachdenklich. War dann aber bei den Schilderungen wieder euphorisch, ein leicht verschmitztes Grinsen war dabei. Und er hatte sich sichtlich gefreut, dass er nicht ermittelt werden konnte, obwohl er verdächtig war, dazu auch vernommen wurde.“
Der Vorsitzende ging dann inhaltlich die Briefe durch, welche der Zeuge an die Polizei schrieb und er die vom Angeklagten geäußerten mutmaßlichen Straftaten mitteilte:
– ein angezündeter Strohballen beim ATLAS-Feld,
– angezündete Mülltonnen im Gewerbegebiet am Urbicher Kreuz,
– eine Fassade beschmiert,
– eine Mülltonne am Buchenberg beim SOS-Kinderdorf angezündet,
– LKW-Planen aufgeschlitzt,
– einen LKW angezündet,
– einen Brief mit weißem Pulver an den Thüringer Verfassungsschutz geschickt.
Zu diesem Brief mit weißem Pulver, so schilderte der Zeuge, hatte K. ihm gesagt, dass sein damaliger Verteidiger ihm angerufen hatte und fragte „Warst Du das?“, weil er ihn in einem Fernsehbeitrag vor Ort gesehen hatte. Ob John K. dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, blieb in der Hauptverhandlung völlig offen. Eher nicht. Auch, ob er für die anderen Fälle verantwortlich war.
Weiter schilderte der Zeuge Thomas T., dass der Angeklagte ihm sagte, dass er für die Brandstiftung mit den Polizeiautos 50.000 € bekommen hatte und es eine Sache zwischen Rechten, Linken und Rockern war. Dann sagte er wieder, dass er für die Tat eine Motorrad-Mitfahrt mit den Rockern und ein Jagdmesser erhielt.
Weiter, so der Zeuge, hat ihm K. gesagt, dass er einen Brand in Ichtershausen gelegt hatte und sein Mittäter bei den Polizeiautos sein ein „David“ von der Freiwilligen Feuerwehr.
Richter Hampel fragte mehrfach nach, u.a.: „Sie sagten, er hat eine rechte Gesinnung. Wie kommen Sie darauf?“
Zeuge T.: „Er sagte, dass er für die NPD an Wahlständen gearbeitet hat, auch war er an rechten Treffpunkten. In der Haft hat er sich diesbezüglich nicht geäußert. Da gab es auch Ausländer, vielleicht war er eingeschüchtert.“
Der Richter wollte noch wissen, ob der Zeuge andere Mitgefangenen bei der Polizei gemeldet hatte. – „Nein.“
Nachdem die Kriminalbeamtin Ciny J. von der Erfurter Kripo gehört wurde, die nur einmal bei einer Vernehmung des Zeugen T. anwesend war, wurde der 58jährige Kriminalhauptmeister Thomas D. gehört. Er gab an, sich an alles gut erinnern zu können, denn der Angeklagte begleitet ihn schon seit 2010. Damals hatte er einen Stapel Zeitung angebrannt, war noch bei der Freiwilligen Feuerwehr Erfurt-Melchendorf und kam zur Vernehmung in Uniform. Dann hatte er ein Catering-Fahrzeug, welches beim Thüringer Finanzministerium abgestellt war, angebrannt.
Der Zeuge D. schilderte dann, dass er Post vom Zeugen Thomas T. bekam und ihn dann in der JVA Tonna aufsuchte und zur Sache vernahm. Der Zeuge schilderte bruchstückhaft den Inhalt der vom Hinweisgeber Thomas T. gemachten Aussagen und seine dazugehörigen Ermittlungshandlungen. Nach einer halben Stunde Vernehmung vor Gericht war der Kriminalhauptmeister als Zeuge sichtlich überfordert. Er schweifte immer mehr vom Thema ab, konnte sich schwer auf die Fragen konzentrieren und gab teilweise nicht zusammenhängende Antworten. Jedoch schilderte er, dass sie bei den Ermittlungen auf ein Foto des John K. bei einer NPD-Wahlveranstaltung gestoßen waren.
Der Zeuge D. sagte weiter aus, dass der Angeklagte in der damaligen Haft einen Mitgefangenen, Josef Ku., kennengelernt hatte. Dieser hat ihn als eine Art Lakaien angestellt. Dazu der Zeuge: „Wir durften eigentlich nicht ermitteln.“ Leider gab es dazu keine Nachfrage, weder Staatsanwältin noch Gericht interessierten sich dafür. Der Josef Ku. wurde in der Folge mehrfach als mutmaßlicher Auftraggeber von Straftaten des John K. genannt, das schien aber nicht zu interessieren. Sehr verwunderlich.
Der Zeuge redete teilweise ausschweifend, aber nicht zum Thema. Er erfasste auch leichte Fragen des Gerichts nicht. So sagte er zum Beispiel: „K. war ein typischer Einzeltäter!“ Der Vorsitzende fragte nach: „Wie kommen Sie darauf?“ Der Zeuge antwortete zu einem völlig anderen Thema.
Richterin Hildesheim hielt ihm mehrfach Aussagen seiner Vernehmung des Zeugen Thomas T. vor, gab sich alle erdenkliche Mühe, aber er konnte sich nicht erinnern.
Ein Schöffe wollte wissen: „Ist es richtig, dass Sie Herrn K. bereits kannten, bevor er die Briefe schrieb?“ Der Zeuge: „Ja, ich habe ihn wegen seiner eigenen Straftat kennengelernt.“
Die Staatsanwältin fragte nach: „Haben Sie Herrn T. beauftragt, er soll weitere Informationen notieren?“ – „Nein, ich heure doch keine Spitzel an.“
Als nächster Zeuge wurde der 59jährige Kriminalhauptkommissar Bernd R. vom Landeskriminalamt Thüringen aufgerufen. Ganz im Gegensatz zu seinem Kollegen von der KPI Erfurt hat dieser Zeuge auf ganzer Linie überzeugt.
Polizeibeamten als Zeugen vor Gericht – dass ist nicht nur ein wichtiger und notwendiger Lehrgang am Bildungszentrum der Thüringer Polizei – es handelt sich um ein Thema, welches ganz offensichtlich von den meisten Führungskräften in der Polizei unterschätzt wird. Es gibt kaum günstigere Momente, die Fähigkeiten von Mitarbeitern, welche überwiegend in der Strafverfolgung tätig sind, einzuschätzen. Dies gilt auch für Staatsanwälte. Aber Leitende Oberstaatsanwälte oder Leiter von Kriminalpolizei-Dienststellen, welche einen Strafprozess beobachten? Dazu haben sie bestimmt keine Zeit! Schade. Bei diesem Zeugen hätten Sie ihre Freude gehabt.
KHK R. schilderte zusammenhängend, sehr gut strukturiert, klar und verständlich. Bei der damaligen BAO T5 war er „Leiter Ermittlungen“, nach vier Monaten intensiver Arbeit wurde daraus eine Arbeitsgruppe, später wurde auch diese AG eingestellt.
Bereits im Sommer 2016, so der Zeuge, war der Angeklagte als möglicher Brandstifter zu den Polizeifahrzeuge in Erfurt in den Fokus ihrer Ermittlungen gekommen. Da er mehrfach mit einem ähnlichen modus operandi handelte, hatten sie, sein ehemaliger BAO-Kollege Steffen B. und er, die Persönlichkeit des K. aufgeklärt. Als es genügend Hinweise gab, dass der jetzige Angeklagte als Täter in Frage kam, hatten sie einen Bericht an die Staatsanwaltschaft gefertigt, welche daraufhin die zwischenzeitlich eingestellten Ermittlungen wieder aufnahm. Die Kollegen der KPI Erfurt hatten den K. bereits (erfolglos) vernommen, dann wurden die weiteren Ermittlungen im LKA gebündelt.
Zum besseren Verständnis: Die LKA-Beamten hatten den Angeklagten bereits ein Jahr vor den Briefen des Zeugen Thomas T. als Tatverdächtigen ermittelt! Es fehlten ihnen aber stichhaltige Beweise. Sie haben neben ihre Tätigkeit in unterschiedlichen Dezernaten des LKA quasi neben mehrere Monate die Spur des jetzigen Angeklagten verfolgt und gegen ihn ermittelt. In der späteren Urteilsbegründung des Gerichts ist dieser Umstand völlig untergegangen, ja, vielleicht gar nicht bemerkt wurden.
Zurück zur Zeugenvernehmung Bernd R., der weiter ausführte, dass man später, als die Briefe des Zeugen T. bekannt waren, auf den John K. in der Justizvollzugsanstalt Tonna herangetreten war und er in der Folge die Tat einräumte. In den Vernehmungen schilderte er neben der Brandstiftung an den VW-Polizeifahrzeugen viele, bis dahin noch nicht aufgeklärte, Straftaten. Auch sagte er aus, dass der Josef Ku. ihn mit mehreren Brandstiftungen und Sachbeschädigungen beauftragt hatte.
Der Vorsitzende Richter verlas auszugsweise aus einer detailreichen Beschuldigtenvernehmung, welche der Zeuge R. mit den Angeklagten K. führte. Der Zeuge bestätigte (erwartungsgemäß) alles. Er erklärte weiter, dass er einen zusammenfassenden Ermittlungsbericht zu den Taten des Angeklagten verfasst habe. Diesen Ermittlungsbericht vom 18. Mai 2018 verlas der Vorsitzende anschließend. Hier eine (wahrscheinlich nicht vollständige) Auflistung der von John K. geschilderten Taten:
1. Anzünden eines Reifenstapels am Erfurter Drosselberg am Rande des Truppenübungsplatzes 2015.
2. Brand eines Sofas in der ehemaligen Diso „Spot“ am Erfurter Nordstrand. John K. hat sich dort vor Ort gemeldet.
3. Anzünden eines Reifenstapels mittels Grillanzünder am NTC-Autohaus Erfurt, wodurch ein Fahrzeug der Firma Bornkessel beschädigt wurde.
4. Sachbeschädigung durch Anbringen von Graffiti an einen VW-Tuareg in der Nähe der Messe Erfurt im Auftrag des Josef Ku. am 26.06.2016.
5. Sachbeschädigung durch das Zerstechen von vier Reifen eines VW T5 am 22./23.06.2016. Dies auch im Auftrag des Josef Ku., wobei sich der Angeklagte bezüglich des Fahrzeugs irrte, gemeint war das Fahrzeug Tuareg, welches er dann später (siehe oben), angriff.
6. Sachbeschädigung und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen durch Anbringen von Graffitis an Garagen, so unter anderen zwei Hakenkreuze, SS-Runen und den Schriftzug „Nigger raus“
7. Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten: Versenden eines Briefes an den Thüringer Verfassungsschutz am 22.12.2015, in welchen sich weißes Pulver befand. Beim Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr wurde der Angeklagte vor Ort festgestellt.
8. Sachbeschädigung an einem Ford-Autohaus, Beschädigung von 5 PKW und einem Ford-Wohnmobil. Der Angeklagte wohnte 100 Meter vom Tatort entfernt.
9. Anzünden von Netzen eines Fußballtores einer Schule am Rabenhügel.
10. Inbrandsetzen eines Reifenstapels auf einer Freifläche hinter den ehemaligen Nadelwerk Ichtershausen am 24.10.2015.
11. Schwere Brandstiftung am Bahngelände „Am Wasserturm“ in Erfurt. Dort befand sich eine Ruine, in der Punker übernachteten, dort wurde ein Brand gelegt.
12. Ebenfalls an diesem Ort wurde eine Sachbeschädigung durch Feuer vom K. eingeräumt.
13. Raub bzw. Diebstahl an einem aus Sömmerda stammenden jungen Mannes, dem der John K. einen Rucksack mit Kamera und Uhr am 31. März 2015 weggenommen hatte.
Der Zeuge R. schilderte weiter, dass der Angeklagte nach der üblichen Kontaktphase der Vernehmung den Beamten erklärte: „Jetzt habt Ihr mich. Ich war das.“
Weiter führte er aus, dass die Ermittlungen ergaben, dass eine Woche vor der Brandstiftung an den Polizeifahrzeugen der K. zusammen mit seiner damaligen Freundin, den bekannten NPD-Funktionäre Frank Schwerdt sowie dem Erfurter NPD-Stadtratsmitglied Biczysko auf einem Foto auf der NPD-Facebook- Seite zu sehen gewesen war.
Der Vorsitzende hatte viele Fragen an den Zeugen R., welche dieser kurz und knapp beantwortete. Sie zeigten in der Gesamtheit das Bild einer umfassenden und korrekten Ermittlungsarbeit der LKA-Beamten. Ihr Motiv, so der Zeuge, sei es gewesen, die im Ermittlungsbericht aufgeführten Einlassungen des K. so aufzuarbeiten, dass der Grad seiner Glaubwürdigkeit feststellbar sei. Zu allen Angaben fanden die Beamten – außer die Fußballtor-Netze am Rabenhügel – von der Polizei registrierte Straftaten. Sie suchten alle Tatorte auf und überprüften die Angaben des K. anhand der Akten, aber auch der Örtlichkeit und der Aussagen der Geschädigten. Es stellte sich heraus, dass der K. in allen Punkten die Wahrheit sagte. Am Beispiel des Brandes in Ichtershausen erläuterte der Beamte, dass sie nur nach den Angaben des K. den Brandort suchten. Sie hätten ihn auch sonst nicht gefunden, denn er war schwer zugänglich und versteckt.
Weiter, so der Zeuge R., haben sie eine ganze Reihe weitere Zeugen aufgesucht, um sich ein Bild des K. zu machen und weitere Indizien für seine Täterschaft zu suchen. So sprachen sie mit seinem damaligen rechtlichen Betreuer, mit seiner damaligen Freundin Christian M., mit seiner Schwester und auch mit seinem Bruder.
Am zweiten Verhandlungstag wurde diese Freundin als Zeugin angehört. Die 27jährige M. hatte den John K. während der gemeinsamen Ausbildung kennengelernt und bewohnt mit ihn zusammen ab 2014 eine Wohnung. Befragt, was sie noch zu der Brandstiftung der Polizeifahrzeuge wisse, sagte sie: „Früh, als ich aufstand, ist er nach Hause gekommen, hatte schwarze Hände und hatte übelst nach Qualm gestunken.“
Ansonsten blieben die Fragen des Vorsitzenden meist unbeantwortet, sodass er ihr Auszüge aus der polizeilichen Zeugenvernehmung vorlas. Auch mit dieser Hilfe blieb das meiste im Dunkeln. Kein Wunder, waren doch seit der Tat neun Jahre vergangen …
Woran sie sich erinnerte: Er hat oft Grillanzünder und große Packungen Streichhölzer gekauft, mehr, als sie beim Grillen verbrauchten. Weiter erinnerte sie sich: „Er war nachts öfter weg, und am nächsten Tag war Kohlenanzünder weg, das weiß ich genau, weil der Kohleanzünder in der Küche neben den Katzenfutter stand, und die Katzen hab ich zwei Mal am Tag gefüttert.“
Zur Frage seiner politischen Einstellung sagte sie: „Er war in der NPD, richtiges Mitglied, musste Beiträge zahlen und hat Zeitungen ausgetragen.“ Weiter gab sie auf Befragen an, von ihm zu wissen, dass er Heuballen angebrannt hatte, als er bei der Freiwilligen Feuerwehr war, weil es so wenige Einsätze gab.
Als Nächstes wurde die Zeugin Eva-Maria K. aufgerufen. Sie saß sowohl am ersten als auch am zweiten Verhandlungstag als Zuschauerin im Saal, meldete sich und sagte, keine Ladung bekommen zu haben. Das war dem Vorsitzenden sichtlich unangenehm. Er hatte zuvor nicht gefragt, ob sich zu hörende Zeugen im Verhandlungssaal befanden, auch am ersten Tag nicht. Außer Allgemeinplätze konnte sie wenig zur Sachverhaltsaufklärung beitragen.
Die 20-jährige Lisa G. wurde als nächste Zeugin vernommen. Sie ist die beste Freundin der zuvor gehörten Eva-Maria K. und war 2013 mit ihr zusammen in einer Gruppe. Sie sagte aus: „Eva-Maria ist meine beste Freundin, er (John K.) hat mit zu unserer Gruppe gehört. Er hat öfter, nicht nur ein oder zwei Mal, damit geprahlt, dass er die Polizeiautos angebrannt hat.“
Richterin Hildesheim fragte nach: „Haben Sie das ernst genommen?“
Die Zeugin: „Nicht unbedingt. Ich hab ihm das nicht zugetraut. Er war bei und immer der Ruhigste.“
Die Richterin: „Gab es vergleichbare Geschehnisse?“
Lisa G.: „Er hat das leerstehende Haus angebrannt, weil er dachte, dass wir da drin waren.“
Nachfrage der Richterin: „Welches brennende Haus, können Sie mehr dazu sagen?“
Die Zeugin, zunehmend unkonzentriert: „Wir waren damit beschäftigt, unseren Freund zu suchen, der noch in diesem brennenden Haus war und von der Feuerwehr rausgeholt wurde.“
Rechtsanwalt Henkel: „Wie alt waren Sie 2013?“ – „Dreizehn.“
Am Nachmittag wurde der öffentlich bestellte und vereidigte Brandsachverständige Dr. Henry Portz gehört. Er war selbst nicht am Brandort tätig, sondern zwei seiner Mitarbeiter. Diese haben vor Ort Spuren gesichert und ausgewertet. Das Gutachten sollte Fragen zur Brandursacheem und zur Brandentstehungsstelle klären. Sein schwaches Auftreten vor Gericht, vermutlich bedingt durch eine schlechte Vorbereitung, fiel besonders durch ständiges vor- und zurückblättern in den vor ihn liegenden Akten, die permanente Suche nach bestimmten Fotos oder Fundstellen und einem unsystematischen Vortrag auf.
Zusammenfassend ging er von einer vorsätzlichen Brandstiftung mit mindestens acht Brandentstehungsstellen aus. Die Fahrzeuge wurden im vorderen Teil – überwiegend die vorderen Reifen bzw. an der Frontseite des Kühlergrills, angezündet. Eine Person würde, so der Gutachter, für diese Tathandlungen wenige Minuten brauchen. Das Labor, welches die gesicherten Spuren untersuchte, hat Flüssigkeiten festgestellt, die auf Brandbeschleuniger deuten könnte. Zu der Gegenprobe, welche im LKA Thüringen untersucht wurde, gab es von dort keine Rückmeldung.
Die anschließende Vernehmung des rechtlichen Betreuers des Angeklagten brachte keine Erkenntnisse.
Zu Beginn des dritten Verhandlungstages wurde eine Vernehmung eines Mitarbeiters der Landespolizeidirektion Thüringen verlesen, der aussagte, dass die Fahrzeuge im Eigentum des Freistaats Thüringen standen und ein Schaden von 755.800 € entstand. Das stand im Gegensatz zur Anklage, dort stellt die Staatsanwaltschaft dar, die Polizeifahrzeuge waren noch nicht an die Polizei übergeben worden und ständen noch im Eigentum des Herstellers. Die lange Bearbeitungszeit bei der Staatsanwaltschaft Erfurt kann nicht mit besonders aufgewendeter Sorgfalt begründet werden.
Richter Hampel teilte mit, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft Erfurt wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung am 13.12.2021 beim Landgericht Erfurt einging. Weiter verlas den Auszug des Bundeszentralregisters des John K., welcher fünf Eintragungen enthielt, u.a. die schon genannten 5 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafe wegen Brandstiftung von 2016, also drei Jahre nach der hier zu verhandelnden Tat.
Frau Dr. Maurer trug dann ihr Gutachten vor, sie hatte den Angeklagten bereits zweimal begutachtet. Aktuell hat er eine erneute Begutachtung abgelehnt, sodass sie sich auf die beiden Vorgutachten und die Erkenntnisse aus dieser Hauptverhandlung stützte. Da er sich in der Hauptverhandlung nur mit ganz wenigen Sätze äußerte, war dies eine sehr ungünstige Basis.
Das erste Gutachten stammte aus dem Jahre 2013, bei ihm wurden eine leichte Intelligenzminderung und eine herabgemilderte Entwicklung diagnostiziert.
In 2016 führte die Gutachterin ein Gespräch mit dem Angeklagten über mehrere Stunden. Sie legte dar, dass er kaum Alkohol trank und keine Drogen nahm. Ihrer Einschätzung nach handelte es sich um eine mehrstufige Handlung, die keine pathologische Brandstiftung sein. Er hat aber Interesse an der Beobachtung des Feuers. Er habe, so die Gutachterin weiter, Interesse an der Feuerwehr, ihrem taktischen Vorgehen, jedoch keine Faszination durch das Feuer selbst. Sie hält ihn für schuldfähig. Er habe eine mangelnde Bereitschaft, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
Zur Rückfallneigung schätzt sie eine hohe Rückfallgeschwindigkeit ein.
Da er in der JVA seit 2019 ohne Abbruch an einer Therapie teilgenommen hat, geht sie von einem teilweisen Therapieerfolg aus.
Die Gutachterin schätzt ein, dass er kein klassischer Psychopath des Typen 1 ist. Zur Sozialprognose: Sie geht davon aus, dass er weiterhin Brandstiftungen begehen wird.
Frau Staatsanwältin Zawadil Plädoyer war so kurz wie ihre Anklage. Für sie stand jetzt fest, dass er die Tat allein begangen hatte. Als Motiv glaubt sie daran, dass der Angeklagte eine weibliche Person beeindrucken wollte. Da es keine einzige Frage von ihr zum Motiv gab, und außer der Erklärung des Verteidigers („Feuer aus Leidenschaft“) das Motiv in der Hauptverhandlung keine Rolle spielte, war diese Einschätzung fatal: Leichtgläubige Staatsanwältinnen sind eine Gefahr für die Allgemeinheit!
Weiter ging sie davon aus, dass kein minderschwerer Fall vorliegt und der Strafrahmen zwischen ein und zehn Jahren Freiheitsstrafe liege. Sie erwähnt weiter, dass die Tat neun Jahre zurückliegt und der Angeklagte wie ein Ersttäter zu behandeln sein. Strafmildern wertet sie das Geständnis, strafverschärfend die hohe Schadenssumme. Sie hielt 4 Jahre Freiheitsstrafe für tat- und schuldangemessen. Sie beantragte eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.
Rechtsanwalt Henkel betont in seinem Plädoyer die Alleintat, die geständige Einlassung seines Mandanten und die seit 2019 durchgeführte Sozialtherapie. Strafmildern führte er an, dass seit 2016 gegen seinen Mandanten ermittelt wird, wodurch dieser psychologisch über eine lange Zeit belastet war. Er bemängelt weiter, dass die Schadensumme nicht korrekt ermittelt wurde, da der Restwert der Fahrzeuge nicht festgestellt wurde, und beantragt einen Abschlag von 150.000 €. Er betonte, dass der Angeklagte zur Tatzeit erst 23 Jahre alt war und beantragte, dass zur bisherigen Freiheitsstrafe noch ein Jahr dazu addiert werden solle.
Am vierten und letzten Verhandlungstag wurde nur das Urteil verkündet. Der Vorsitzende Richter führte aus, dass das Gericht ihn für schuldig hält, die Brandstiftung begangen zu haben und verurteilt ihn unter Einbeziehung eines früheren Urteils des Landgerichts Erfurt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren. Dabei ist die jetzige Tat mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren eingegangen, wovon aber drei Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensdauer (!) erlassen wurden. Der Richter stellt fest: „Die Ermittlungen waren seit 2018 abgeschlossen und anklagereif!“
Die Voraussetzung für Sicherungsverwahrung lag, so der Vorsitzende weiter, nicht vor.
Zur Begründung des Urteils der Vorsitzende Richter: „Es lag ein recht lapidares Geständnis über den Rechtsanwalt vor. Wir haben versucht, das Geständnis zu überprüfen, und haben dazu Zeugen gehört. Besonders der Zeuge R. schilderte glaubhaft das Geständnis des Angeklagten und auch diverse andere Brandstiftung von 2015 und 2016 erschienen sich zu bestätigen.“
Das Gericht habe eine Aussageanalyse des Angeklagten durchgeführt, so der Richter weiter, und schätzte das Geständnis für glaubhaft ein, „...auch wenn es irritierende Differenzen gab.“ Die Überprüfung der Kernaussagen des Geständnisses und der Angaben vor der Polizei ergaben eine gewisse Konstanz des Kerngeschehens.
Der Richter betonte, dass, ohne das Geständnis des Angeklagten die Tat nicht aufzuklären gewesen wäre und ohne sein Geständnis wäre es nicht zu einer Bestrafung gekommen.
Darüber hinaus wirkt die lange Verfahrensdauer zu Gunsten des Angeklagten. Die Tat war ein gravierender Akt und verlange eine hohe Freiheitsstrafe.
Die Verhandlung war schon beendet, da schob der Verteidiger schnell nach, dass er für seinen Mandanten Rechtsmittelverzicht erklärte. Klar, seine Strategie ist voll und ganz aufgegangen: Kein politisches Motiv, sondern eine Tat aus Liebe, kein Einverständnis zur Begutachtung und kein phatologischer Brandstifter, ein schweigender Angeklagter mit einem Geständnis. Den Rest hat ja eh die Staatsanwaltschaft für ihn erledigt!
Die in Vertretung erschienene Staatsanwältin Drews konnte naturgemäß keinen Rechtsmittelverzicht erklären..
Ist es gut geworden, weil es lange dauerte? Die geschätzte Leserschaft bildet sich ein eigenes Urteil.
Jedoch sei angemerkt: Die Einschätzung von Richter Hampel, ohne das Geständnis des Angeklagten wäre die Tat nicht aufzuklären gewesen, ist mutig, aber falsch! Die LKA-Beamten hatten John K. bereits zuvor als Tatverdächtigen erfasst und genauso hartnäckig wie akribisch an seiner Überführung gearbeitet! Der Zeuge Bernd R. hat das vor Gericht eindrucksvoll geschildert.
Ob ohne dieses, vom Richter selbst als lapidar bezeichnete Geständnis vor Gericht, eine Verurteilung erfolgt wäre, ist spekulativ. Wichtiger als das Geständnis vor Gericht waren die Mitteilungen des John K. an den Zeugen Thomas T., welche dieser ja der Polizei mitteilte.
Ihm gebührt der Hauptverdienst für die Aufklärung dieser schweren Straftat! Deshalb sei ihm zu Recht die ausgesetzte Belohnung gegönnt.
Die Strategie der LKA-Beamten, die im Ermittlungsbericht aufgeführten Straftaten, die der John K. schilderte, genauesten zu überprüfen und zu objektivieren, waren ein guter Weg, eine Indizienkette aufzubauen, um den K. auch der Brandstiftung an den Polizeifahrzeugen vor Gericht zu überführen, ohne nochmals ein Geständnis abzulegen.
Das die von Rechtsanwalt Henkel benannte Motivlage des Angeklagten eine reine Verteidigungsstrategie war, ist ihm nicht vorzuwerfen.
Der Staatsanwaltschaft ist jedoch vorzuwerfen, keine Ermittlungen zum Motiv geführt zu haben. Weder zu einem eventuellen politischen Motiv ist irgendetwas vorgetragen worden, noch sind die anderen vom Zeugen R. genannten Straftaten mit einbezogen worden. Was aus diesen 13 anderen Straftaten wurde, steht in den Sternen. Und der verursachte Schaden? Scheint wohl egal zu sein. Auch den Versicherungen? Wohl kaum.
Zum Motiv des John K. gab es wahrlich handfeste Ansatzpunkte gab. Zur Erinnerung sei seine NPD-Mitgliedschaft, seine Kontakte zum rechten Treffpunkt am Erfurter Herrenberg (Kammwegklause) und eine möglich Auftragsbrandstifung (Rocker bzw. Josef Ku.) genannt. Auch eine Einschätzung von Verantwortlichen der Freiwilligen Feuerwehr Erfurt-Melchendorf wären interessant gewesen.
Was geschieht eigentlich, wenn ein Oberstaatsanwalt, wie Herr Kästner-Hengst, ein fertig ausermitteltes Ermittlungsverfahren jahrelang unbearbeitet lässt?
Natürlich nichts. Oder?
Warum das Verfahren erst nach vier Jahren zur Anklage kam, ist noch nicht mal erfragt wurden!
Und ist es der Vorgesetzten von Herrn Kästner-Hengst egal, wenn dem Angeklagten wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensdauer drei Monate Freiheitsstrafe erlassen werden?
Und ist es üblich, wenn 13 Straftaten, welche ein mehrfach vorbestrafter Angeklagter vor der Polizei gesteht, nicht anklagt werden? Mit Prozessökonomie kann das kaum begründet werden, stehen doch 8 Tathandlungen im Zusammenhang mit Feuer, eine Tatsache, welche bei einer Hauptverhandlung wegen Brandstiftung nicht unter den Tisch fallen dürften.
Dass der Angeklagte bald freikommt, hinterlässt ein ungutes Gefühl. Auch wenn die beiden Gutachter eher schwach waren, die Worte von Frau Dr. Maurer zur Rückfallwahrscheinlichkeit und zur Sozialprognose bleiben haften.
(07.09.2022, 26.09., 12.10., 26.10.2022, jeweils 09:00 Uhr, 2. Strafkammer am Landgericht Erfurt, Saal 1.02)
A.S.